Nachdem mir in San José fast die Fotomotive ausgehen, kommen jetzt die Fotos, auf die alle gewartet haben: Strandfeeling pur.
Nach meiner äusserst kurzen ersten Arbeitswoche mache ich mich per Bus auf den Weg nach Manuel Antonio, einem der schönsten
Nationalparks in Costa Rica. Leider finde ich nach der vierstündigen Fahrt den Eingang zum Park nicht. Macht nichts, ich muss ja sowieso
noch meine gebuchte Unterkunft suchen. Diese befindet sich aufgrund meiner Fehlplanung leider auf der anderen Seite von Quepos, dem Städtchen
vor Manuel Antonio, an dem ich mit dem Bus vorbeigefahren bin und mir überlegt habe, ob ich doch da schon aussteigen soll.
Voll beladen, schwitzend und erstmal ohne Wasser laufe ich den Berg hinauf, neben der Strasse, natürlich ohne Trottoir. Aber wenigstens
kann ich auf dem Weg ein paar Fotos machen, was aus einem fahrenden Bus fast unmöglich ist. Nach sieben Kilometern Fussmarsch komme ich wieder in Quepos an.
Schon müde, erkundige ich mich nach der Richtung des kleinen Hotels. Südosten, sagt man mir. Gut, ich hätte auf meinem auf Papier gezeichneten
Plan Nordwesten ausgewählt. Ich merke dann, dass ich genau dorthin laufe, ich hergekommen bin. Schliesslich nehme ich doch noch ein Taxi, dessen
Fahrer sich den Weg erst vom Hotelbesitzer erklären lassen muss. Nordosten wäre dann die richtige Lösung gewesen, aber auch dort verfährt sich der
Taxifahrer wieder. Auf dem Balkon seines Hauses (in dem er einfach drei Zimmer vermietet) wartet der Besitzer dann schon auf uns. Ja, das muss es sein,
wegen der schrillen gelben Farbe.
Da es dann bereits dunkel wird und das einzige Restaurant in der Nähe geschlossen zu sein scheint, ernähre ich mich von Proviant. Gott sei Dank
kann man in Costa Rica Hahnenwasser trinken, meine unterwegs gekaufte Flasche ist leer, keine Getränke in der Nähe und ich bin dehydriert. Erster Tag
meines Wochenendes geschafft!
Playa Espadilla in Manuel Antonio – Blick von oben auf den Strand hinter Quepos, mit einer Spanischschule, die auch noch eine Option wäre – Quepos, mit Blick von der Hafenpromenade aufs Meer
Was für eine Überraschung: Mir wird in der Schule die sympathische junge Lehrerin für einen Tag vorgestellt, sie begleitet mich ins Schulzimmer und - wo ist
denn der Rest der Klasse? Ich hätte Einzelunterricht. Und das erst noch bis nachmittags um 3 Uhr. Es folgen unter anderem die Königsdisziplin
subjuntivo und ein ganzer Tag Konversation. Das Lehrbuch wird mir als Tagesgast auch gleich noch geschenkt. Die Projektkoordinatorin meint, man wolle, dass
Don Jürg zufrieden sei. Wie grosszügig!
Ganz anderes Thema: Hat jemand Bedarf nach einem preisgünstigen Gebrauchtfahrzeug? Ist bestimmt für eine Million zu haben (Colones, natürlich). Auch reiche
Quartiere haben arme Autos...
Besagtes Objekt
Nach nur zwei Tagen (also 6 Stunden) erhalte ich die fristlose Kündigung. Das kürzeste Arbeitsverhältnis meiner Karriere.
Nun ja, ganz so drastisch war es nicht. Mein Arbeitsverhältnis hätte ja nur 9 Stunden gedauert. Da morgen ein Besuch im Kindermuseum angesagt ist und man
logischerweise im Vorfeld nicht mit mir gerechnet und deshalb auch keinen Platz im Bus für mich reserviert hat, werde ich kurzerhand ausgeladen. Halb so schlimmm,
es war ja nicht mein Wunschprojekt und sowieso ein bisschen aburrido. Ich habe wahrscheinlich einfach als Person nicht in das Setting gepasst,
obwohl mich die Kinder mochten. Sie sind zwar süss, aber halt auch zappelig und chaotisch. Und da selber des Spanischen kaum mächtig, leider auch keine
grosse Hilfe beim Spanisch-Lernen.
Als Ersatz gibt es für mich morgen gratis Spanisch-Lektionen, auf einem tieferen Niveau. Nicht dass ich so gut wäre, aber es hat momentan einfach sehr wenig
Studenten an der Schule...
Hogar de María, halt eben nur von aussen
Wer jetzt Fotos von ein paar herzigen Costa-Ricaner-Kindern erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Nicht, dass es die nicht gäbe.
Die Schulchauffeurin holt mich am Morgen ab und bringt mich zu besagtem Heim. Auch hier wieder ca. Dreifachverbarrikadierung. Als erstes muss ich
nochmals Regeln durchlesen. Dazu gehört, dass strikt keine Fotos gemacht und auf soziale Netze (das hier gehört wohl auch dazu)
hochgeladen werden dürfen. Ich muss Geld, Kreditkarte, Handy und Fotoapparat (sowie Lebensmittel, die ich jedoch nicht mitführe) in meinem Rucksack in einem
Raum zurücklassen und diese gefährdenden Objekte in einer Art Gästebuch eintragen.
Dann geht's zum Kinderhütedienst. Ich werde nicht nur von der Studentin meiner Schule begrüsst, sondern auch noch von zwei weiteren aus einer
anderen Schule und drei festangestellten tías (Tanten). Damit sind wir fast mehr Betreuende als Kinder. Die Kinder aus schwierigen Verhältnissen
sind zwischen 0 und 5 Jahre alt. Nachdem ich mich mal etwas unbeholfen gesetzt habe, stürzen sie sich auf mich und möchten mit mir malen, wobei meine Hosen
auch massive Kreidespuren abbekommen. Später werden Spiderman-Masken und Bauhelme angezogen, dann wird ein Junge von mir auf dem Trottinett umhergefahren.
Einer muss mit Stofftieren bis 5 zählen lernen.
Nach drei Stunden ist schon wieder Schluss. Ich habe genügend Zeit, um zu Fuss das Zentrum San Josés zu erkunden.
Impressionen aus San José Downtown
P.S.: Sabanilla, wo ich wohne, ist gar kein Stadtteil von San José, sondern liegt sogar in einem anderen cantón
Bin heute in meine neue Schule begleitet worden. Eigentlich krieg ich in der Costa Rican Language Academy gar keinen Unterricht mehr,
es werden aber die Freiwilligenprojekte hier koordiniert. Ausserdem darf ich die Möglichkeiten der Schule und auch das Zusatzprogramm nutzen. Bei
der Projektauswahl muss man Dutzende von Regeln und Richtlinien unterschreiben. Ansonsten hat man viel Zeit, v.a. auch über Mittag, wo man die
nahegelegene San Pedro Mall erkunden kann.
Am Nachmittag hat man jedoch malas noticias für mich: Mein Wunschprojekt ist diese Woche schon besetzt - wir brauchen einen Plan B.
Nach einigen auch nicht realisierbaren Alternativen werde ich kurzerhand einer deutschen Studentin zugeordnet und 'darf' beim Kinderhütedienst in einem
nahegelegenen Heim für vernachlässigte Kinder mit Rundumbetreuung mithelfen. Aber das ist ja nur für drei Tage. Ab nächster Woche ist dann meine erste Wahl wieder offen.
Garten der Costa Rican Language Academy sowie die San Pedro Mall, nach aussen und innen
Statt Ostern gibt es in Costa Rica Wahlen: Der Präsident wird im zweiten Wahlgang gewählt. Die Wahl steht zwischen Alvarado und Alvarado. Die
Cousins 5. Grades Fabricio Alvarado, evangelikaler Prediger, und Carlos Alvarado, gemässigter Kandidat, treten gegeneinander an.
Patricia drückt mir eine Costa-Rica-Fahne in die Hand und schleppt mich und Sohn Fabian (17) ins Wahllokal. Sie will ihm zeigen, wie man ein
guter Tico (Bezeichnung für Costa-Ricaner) wird, wenn er dann nächstes Jahr wahlberechtigt ist. Anschliessend fahren wir mit einer Freundin in
deren Auto hupend durch die Stadt, etwa so, wie wenn bei uns die Italiener, Spanier, Portugiesen... einen Fussballmatch gewinnen. Alle sind für
den gemässigten Carlos, seines Zeichens rot-gelb. Unterwegs verliert Patricia ihre Fahne aus dem Fenster, wir halten an, sie rennt 200 Meter zurück und
kommt ohne Fahne wieder. Ein Motorradfahrer hat sie geklaut und weigert sich, sie ihr zurückzugeben.
Während ich diese Zeilen schreibe, höre ich lautes Geschrei aus der Nachbarschaft. Patricia ist schon lange am Feiern. Carlos muss wohl gewonnen haben.
Ich gehe mal ins Wohnzimmer und frage nach.
Ex-Lehrerin Patricia mit gelbem Carlos-T-Shirt in ihrer alten Primarschule am Wählen. Carlos-Alvarado-Anhänger auf der Strasse, sogar der Hund ist von ihm überzeugt.
Exakt vier Wochen später befinde ich mich wieder auf dem Flughafen San José (vgl. Woche 1, 3. März), nachdem ich am Morgen früh San Juan del Obispo und die liebenswürdige
Gastfamilie verlassen habe. Warte auf den Transfer zum neuen Ort. Nach den recht ärmlichen Verhältnissen in Guatemala lande ich in einer ganz anderen
Welt. Man merkt, dass Costa Rica die 'Schweiz Mittelamerikas' ist: Es gibt zwar auch einfache Siedlungen, der Lebensstandard ist aber hier wesentlich höher.
Finde mich in einem reichen Viertel wieder, das durch Schranken und Zäune geschützt ist. Alle Häuser sind mit Gittern verbarrikadiert. Und im schönsten
davon kriege ich ein separates Zimmer mit eigenem Bad neben dem Hauseingang, geräumig und sauber, geradezu ein Hotelzimmer. Auch das Wohnzimmer
der Familie ist Welten von denen in Guatemala entfernt. Man merkt, dass hier reiche Leute leben. Was für ein Unterschied!
Wieder beim Flughafen San José, diesmal in der Mittagssonne, Viertel Sabanilla in San José und mein neues Zuhause, mit Dschungel ein paar Schritte entfernt...
Dauer | Ort | Tätigkeit |
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03.03.2018 - 31.03.2018 | Antigua (Guatemala) | Sprachschule: |
03.03.2018 - 17.03.2018 | in Antigua selber | |
17.03.2018 - 31.03.2018 | in San Juan del Obispo | |
31.03.2018 - 28.04.2018 | San José (Costa Rica) | Volunteering |